Sonntag, 11. Januar 2015

Warum wir das Bildungssystem nicht ändern können

Warum es eine bescheuerte Idee war diesen Blog zu starten oder…


warum wir das Bildungssystem vielleicht nie verändern werden. 


Viele unserer Eltern sind in die Schule gegangen.


Und die meisten von ihnen erinnern sich wahrscheinlich an weniger als 5% des in der Schulzeit gelernten Stoffes.


Tests und Studien bei Erwachsenen zeigen, dass 90 Prozent aller Erwachsenen bereits bei elementarem Hauptschulstoff versagen. (Jep, read it again.)


Und dabei wurde in diesen Tests nur sehr oberflächliches Wissen und nicht einmal tieferes Verständnis abgefragt.


Hurra!, könnte man da sagen. (Oder auch nicht.)


Man könne darüber streiten, ob 1 % oder sogar 5 % des gelernten Stoffes bei Erwachsenen hängen bleibt, sagt der Psychologe Thomas Städtler. Wenn man einzelne Schlagwörter und lose Wissensfetzen als Wissen zählt, den könne man von (ich zitiere) “5 Prozent verbleibenden Stoffes ausgehen.” ¹


Da könnte man fragen: Und die schicken uns in die Schule (und auf die Uni)?


Im Ernst!?


Eltern – die meinen’s doch nur gut…


Aber sind wir mal nicht so forsch.


Wir wollen ja schließlich eine brave Generation sein und nicht zu viel aufmucken. Nicht gesund ist das, würde Yoda sagen. Und auch ökonomisch gar nicht mal sooo erfolgsversprechend. (Siehe Sidebar – gesunde, warme Mittagessen und mehr sind highly appreciated.)


Nicht, dass aus uns noch das wird, was wir uns vorstellen oder gar erträumen.


Viele Eltern machen sich Gedanken um die Bildung und Ausbildung ihrer Kinder. Um uns. Das ehrt sie.


In der Öffentlichkeit wird eine Kritik am Schul- und Bildungssystem derweil immer lauter. Viele Eltern fragen sich ernsthaft, ob es noch die beste Wahl ist ihre Kinder in die Schule bzw. in eine normale Schule zu schicken.


Und ja, fast alle Kinder gehen nach wie vor in eine normale Schule. Alternative Schulen erleben Zulauf. Auch das ist aus meiner Sicht erfreulich.


Dennoch halten wir am Schulkonzept fest.


Hier sind mögliche Gründe dafür, die mir eingefallen sind:


  • Eltern sind einfach froh wenn die Kids aus dem Haus sind

  • Unsere Eltern sind auch in die Schule gegangen – und für sie hat es ja funktioniert (okay…definieren wir funktioniertMr und Mrs Midlife-Crisis…)

  • Der geht immer: “Haben wir doch schon immer so gemacht” (Wenn wir genau sind ungefähr seit der industriellen Revolution. Aber ich will hier nicht den Klugscheißer spielen.)

  • Alternativen überlegen? Was ausprobieren? Viel zu anstrengend! Da könnten wir ja auf die Nase fallen. Dann machen wir lieber so weiter wie bisher. (Und ignorieren, dass der jetzige Zustand eigentlich schlimmer ist, als auf die Nase zu fallen.)


Dieser Blog – oder: eine dämliche Idee!?


Wenn ich es mir recht überlege, dann ist es eigentlich ziemlich dämlich, was ich hier tue.


Erst die Uni abbrechen, die noch dazu eine ziemlich gute sein soll. Hat man mir gesagt. Bzw. habe ich in so einem Ranking gelesen. Wie auch immer.


Dann auch noch darüber zu schreiben, mit der Hoffnung im Herzen, dass sich etwas ändert und sich auch andere Menschen für diese Veränderung begeistern können.


Der Supergau ist natürlich den Blog Anti-Uni zu nennen. (Naja, immerhin die ZEIT konnte sich dazu bewegen darüber zu schreiben.)


Im Großen und ganzen: Ein böses Faul. Äh, Foul. (Hat da wer in der Schule nicht aufgepasst!? – Nein, ist nur spät. Ich mag das was ich hier tue irgendwie….)


Viel wichtiger aber ist: 


Jemand der auch nur eine gewisse Zeit in das Bildungssystem investiert hat (für die “Normalen” unter uns sind das ca. 13 000 Stunden im Unterricht und nochmal 7.000 Stunden für die Hausaufgaben) wird nur schwer zugeben, dass diese Jahre verschwendete Zeit waren.


Das wäre ja fast so als würde man…(Mist, mir fällt kein guter Vergleich ein. Vorschläge nehme ich in den Kommentaren entgegen. Dann kann ich auch testen, ob du den Text aufmerksam gelesen hast..)


Jedenfalls wollen wir als Menschen nicht akzeptieren, dass die Zeit, die wir in der Schule verbracht ökonomisch gesprochen Sunk Cost waren (uhlala, hat da doch wer aufgepasst!?).


Genau wegen dieser Sunk Cost fällt es Menschen teilweise wirklich wirklich schwer auch unglaublich dumme und niemals erfolgreiche Projekte aufzugeben. Eben weil sie schon wertvolle Lebenszeit in die Projekte investiert haben.


Sich eingestehen, dass diese Zeit “verschwendete” Zeit war – wer will das schon?


(Unter uns: Ganz verschwendet war sie wohl selten, irgendwas bleibt fast immer hängen.)


Wir wollen verdammt nochmal nicht akzeptieren dass irgendwas in unserem Leben Sunk Cost waren.


Deshalb bleiben wir in unserem Job. Oder unglücklich verheiratet. Oder ändern nichts am Bildungssystem.


Opportunitätskosten – say what!?


Wir ignorieren auch all die Opportunitätskosten (uhlala, schon wieder der Herr Ökonom!), die wir unterwegs in Kauf genommen haben.


Was hätten wir alles machen können statt 13.000 Stunden im Schulunterricht und 7.000 Stunden über Hausaufgaben zu sitzen?


Oder statt drei wertvolle Lebensjahre in unser BWL Studium zu investieren? (Sorry, guys…)


Mir würden da schon ein paar Dinge einfallen… (Reisen zum Beispiel. Oder die Natur erkunden. Ein Buch schreiben. Einen Blog starten. Einen Film drehen. Podcasts hören. Von Menschen lernen die mich inspirieren…)


Ich frage mich: Vielleicht hätte ich dann sogar schon mit 18 gewusst, was ich wirklich machen will – statt jetzt hier zu sitzen und mit gerade frischen 24 Jahren diese Zeilen zu schreiben. (und immerhin mehr oder weniger zu wissen, was ich wirklich machen will. Das hier zu schreiben gehört auf jeden Fall dazu.)


Klar, vielleicht haben wir in Schule und Uni Freunde für’s Leben gewonnen. Vielleicht aber auch nicht.


Und die hätten wir vielleicht auch außerhalb des Studiums kennenlernen können. Ich persönlich habe in den Jahren meines Nicht-Studiums bzw. Selbststudiums ziemlich viele coole Leute getroffen und großartige Freunde gewonnen.


Wer von uns hat schon noch Freunde aus der Schule, die er regelmäßig sieht? Wahrscheinlich kaum jemand.


So gut taugt die Schule also als Sozialisierungs-Instrumemt. Klar überspitze ich hier.


Mir wird gerade schmerzhaft bewusst wie quasi unmöglich dieses Unterfangen ist.


Selbst jemand der seine Zeit beim Bund gehasst hat, wird dennoch versuchen dieser Zeit etwas Positives abzugewinnen. Das zeugt nicht nur von einem positiven Mindset, sondern auch und von Menschlichkeit und Rationalität.


Denn würde er dieser Zeit nichts Positives abgewinnen, so würde er seine Entscheidung entwerten. Seine Entscheidung überhaupt erst zum Bund gegangen zu sein, würde sich wie eine falsche Entscheidung anfühlen.


Das wäre sehr schmerzhaft.


Auch wenn wir nicht wirklich die Wahl hatten in die Schule zu gehen oder nicht:


Jetzt zu sagen wir hätten 9, 10, 12 oder gar 13 Jahre unseres Lebens besser nutzen können – das schmerzt


Und Schmerzen und Sorgen haben wir doch eh alle genug.


Also machen wir lieber weiter wie bisher.


Also lassen wir lieber zu, dass unsere Kinder später die gleichen (und noch ganz andere) Schmerzen haben.


Wir schicken unsere Kinder lieber auf die gleiche verdammt normale Schule und Uni.


Und lassen damit zu, dass sie diese Schmerzen der Opportunitätskosten genau wie wir unterdrücken.


Und sie vielleicht auch ihren Kindern zumuten.


 


 


 


¹ Städtler (2010), S. 422



Warum wir das Bildungssystem nicht ändern können

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