Donnerstag, 5. Februar 2015

Wie uns diese 3 Klischees über das Erwachsensein die Freiheit rauben zu sein wer wir sein möchten

“Genieß deine Schulzeit und dein Studium, denn es ist die schönste Zeit im Leben!”


Dieser gut gemeinte Satz, den man als junger Mensch immer wieder zu hören kriegt, könnte falscher und trauriger nicht sein.


(#Gedanken von Anti-Uni-Leser Paul Bartulec)


Falsch weil diejenigen, die diesen Ratschlag erteilen, nicht in Zeiten von G8 und Bachelor / Master groß geworden sind.


Traurig weil so viele Erwachsene an ihn glauben.


Nicht etwa weil ein unabänderlicher Niedergang der Lebensfreude in den menschlichen Genen vorgezeichnet wäre.


Wenn man einmal nachfragt, warum die Jugend die schönste Zeit im Leben gewesen sei, dann kommt ein ganzer Schwall an nostalgischen, verklärten Erinnerungen an die eigene Zeit in der Schule oder an der Uni hoch…


welche sich meist um Themen wie Abenteuer, Liebe, Träume, Freizeit oder Freundschaften drehen.


Mir hat sich dabei immer die Frage aufgedrängt, was diese Menschen falsch gemacht haben…


dass sie diese schönen und für ein erfülltes Leben so wichtigen Erfahrungen in ihrem jetzigen Leben scheinbar nicht mehr erleben können.


Das Bild einer düsteren und freudlosen Zukunft


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Vor meinem inneren Auge entsteht dann immer das Bild einer düsteren und freudlosen Zukunft, die sich in einem faden Bürojob, endlosen Pflichten und der immergleichen langweiligen Routine des Alltags erschöpft.


Sollte das tatsächlich die Perspektive für die Jugendlichen von heute sein, dann dürfte es niemanden verwundern, dass viele es nicht eilig haben, sich gleich nach dem Studium ins Berufsleben zu stürzen.


Was also haben diese traurigen Erwachsenen falsch gemacht?


Ich sage: Nichts!


Es sind Klischees sowohl über die Jugend als auch über das Erwachsensein.


Es sind Erwartungshaltungen, die die Menschen dazu bringen zu glauben, sie könnten die schönen Erfahrungen der Jugend nicht ein Leben lang machen.


Schauen wir uns diese drei Klischees einmal genauer an: 


#1 Du wirst nie mehr so viel Freizeit haben, wie als Schüler oder Student


Spätestens seit der Umstellung auf G8 und Bachelor und Master ist das eine Fehleinschätzung über die die steigende Zahl der von Burnout betroffenen oder gefährdeten Schüler und Studenten nur den Kopf schütteln können.


Laut Umfragen haben G8-Schüler im Schnitt eine 44 Stunden Arbeitswoche zu stemmen, Studenten kommen je nach Fach ebenfalls oft auf eine Arbeitsbelastung die der eines durchschnittlichen Arbeitnehmers in nichts nachsteht.


[Sitenote von Ben: Ich hatte in meinem Jahr an der Bucerius Law School nicht selten 80-Stunden Wochen. Da blieb nicht viel Zeit zum Nachdenken oder für Freizeit.]


#2 Du wirst nie mehr so sorgenfrei sein wie als Jugendlicher


Als Jugendlichem stehen dir heutzutage tatsächlich alle Türen offen.


Das wird dir jedenfalls oft genug eingetrichtert – immer mit dem Hinweis auch ja das Beste draus zu machen.


[Bemerkung von Ben: Vom Paradox of Choice und dass uns diese ganzen Optionen eigentlich nur überfordern und unglücklich machen haben diese Leute wohl noch nichts gehört.]


Mal ehrlich, wer glaubt heute noch ernsthaft an das Bild des sorgenfreien Jugendlichen, der gedankenverloren durch den Tag chillt und sich um nichts kümmern muss?


Der gesellschaftliche Grundton ist doch: Jede Prüfung, jedes Zeugnis, das Abi und das Studium, sie alle stellen wichtige Weichen für das restliche Leben.


Nicht nur muss man gute Noten schreiben, man muss auch die Weichen für seine spätere Karriere stellen, sich anhand von Pseudo-Erfahrungen aus irgendwelchen Praktika entscheiden, was man für den Rest seines Lebens dann machen will.


Macht man hier einen Fehler, muss man möglicherweise ein Leben lang darunter leiden.


Das zumindest wird vielen Jugendlichen immer wieder eingeredet.


[Zwischenfrage von Ben: Zu was führt das? Ich glaube: Vor allem zu Angst. Angst zu versagen. Angst nicht den richtigen Weg zu wählen. Angst einen nicht korrigierbaren Fehler zu machen. Und stets die Angst vor dem was andere denken könnten.]


Versteht mich nicht falsch, als Erwachsener hat man auch nicht unbedingt ein sorgenfreies Leben.


Man hat sich vielleicht für ein Haus auf lange Zeit verschuldet oder muss sich um ein Kind kümmern oder macht sich Sorgen um seinen Job.


Aber diese Sorgen sind in der Regel entweder selbst gewählt oder zumindest ist die Konsequenz von Fehlern nicht derart verheerend wie im Falle der Jugendlichen.


#3 Als Jugendlicher kann man sich noch ausprobieren, spontan sein und Abenteuer erleben


reise solange jung


  • Spontan ein Wochenende nach Berlin fahren?

  • Nachts auf der Wiese mit Freunden Bier trinken?

  • Sich bis über beide Ohren in jemanden verlieben?

  • Von einer großen Zukunft träumen?

  • Ein ganzes Wochenende durchfeiern?

  • Auf verrückten Partys Freundschaften mit wildfremden Menschen schließen?

  • Angeregte Diskussionen über Gott und die Welt führen?

  • Faule Tage einlegen und rumgammeln?

Klingt das nicht alles nach einem malerischen Studentenleben, wie es im Buche steht?


Dieser Strudel aus neuen und aufregenden Begegnungen und Erlebnissen scheint das Geheimelixier für unvergessliche Erinnerungen zu sein, welchen manche Menschen später ihr Leben lang nachhängen und bedauern, dass diese Zeit nun für sie vorbei ist.


Woher aber nehmen diese Menschen die Überzeugung, dass das nicht so weitergehen kann?


Natürlich verändert sich durch ein Kind oder durch einen Job mit festen Arbeitszeiten der Rahmen innerhalb dessen man sein Leben gestalten kann.


Aber kein Rahmen nimmt uns die Möglichkeit, die wundervollen Erfahrungen, die viele in ihrer Jugend gemacht haben, auch später als Erwachsene zu machen.




Es ist das Verhaltenskorsett, das uns die Gesellschaft durch falsche Vorstellungen darüber, wie man sich wann zu verhalten hat, aufschnürt.


Sein Leben von diesen aufgezwungenen Regeln bestimmen zu lassen, heißt sich eines großen Stücks seiner persönlichen Freiheit zu berauben.


In diesem Sinne:


  • Seid spontan!

  • Lebt (und liebt) eure Freiheit!

  • Entdeckt neue Orte!

  • Befreit euch aus der Zwangsjacke der gesellschaftlichen Erwartungen an euch und euer Alter!

  • Macht’ mal was Verrücktes!

  • Lernt regelmäßig neue Leute kennen!

  • Macht Erfahrungen, die euer Innerstes berühren!

  • Lasst euer inneres Kind von der Leine und sprengt die Grenzen eures Alltags mit neuen Erfahrungen!

Es ist an der Zeit, die Klischees über das Erwachsensein in die Tonne zu treten und unser Leben nach unseren eigenen Vorstellungen zu leben.


Lasst uns heute damit anfangen und damit ein Stück verloren gegangene Freiheit zurückerobern!


 


 


Fallen dir weitere Klischees ein, die Jugendliche beim Gedanken ans Erwachsenwerden erschaudern lassen?


Oder Klischees, die Erwachsene dazu bringen, der guten alten Zeit hinterher zu trauern, statt ihre Träume im hier und jetzt zu leben?


 


Paul Bartulec, Berlin den 20.01.15


 


Bilder: Beitragsbild, Bild 1, Bild 2 


Wie uns diese 3 Klischees über das Erwachsensein die Freiheit rauben zu sein wer wir sein möchten

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